Die erste historisch belegte böhmische Fürstin, die erste christliche Adlige in Böhmen, die erste böhmische Märtyrerin und die erste Heilige. Als Herrscherpersönlichkeit stand sie an den Grundsteinen des ersten Přemysliden-Staates, weshalb sie zu Recht zu den böhmischen Landespatronen gehört. Sie ist auch die geistliche Beschützerin von Großmüttern und Müttern, wie die böhmischen Fürstinnen und Königinnen sie wahrnahmen, wenn sie sich in Gebeten um Hilfe bei der Geburt oder einer Krankheit ihrer Kinder an sie wandten. Ludmilla war die Tochter des Fürsten von der Burg Pšov im heutigen Mělník. Sie wurde um 860 geboren. Während das benachbarte Großmährische Reich bereits 863 die Missionare Kyrill und Methodius empfing, lebten die böhmischen Länder noch im Heidentum. Im Alter von vierzehn oder fünfzehn Jahren wurde Ludmilla mit dem böhmischen Fürsten Bořivoj verheiratet, dessen Sitz Levý Hradec war. Bořivoj erkannte bald, dass das Christentum ein Mittel war, um sein Ansehen zu steigern, und so ließ er sich bei einem seiner Besuche im Großmährischen Reich taufen. Dies geschah wahrscheinlich im Jahr 883. Laut Überlieferungen empfing Ludmilla damals ebenfalls die Taufe, anderen Quellen zufolge jedoch etwas später. Kirche der Heiligen Ludmilla | Quelle: Prag City Tourism Bořivoj brachte die ersten slawischen Priester nach Böhmen und errichtete in Levý Hradec die erste christliche Kirche des heiligen Klement. Anschließend verlegte er seinen Sitz auf die heutige Prager Burg, wo sich bis dahin der Versammlungsort der Fürsten befand. Von hier aus regierte das Geschlecht der Přemysliden dann die böhmischen Länder in den folgenden Jahrhunderten. Für Ludmilla bedeutete das Christentum eine wahre innere Wende. Legenden berichten, dass sie den neuen Glauben ebenso tief erlebte wie zuvor das Heidentum. Sie führte ein beispielhaftes christliches Leben, kümmerte sich um die Armen, verteilte Almosen, unterstützte Priester und den Bau neuer Kirchen. Als Ludmilla 29 Jahre alt war, starb Fürst Bořivoj. Den Thron bestieg der älteste Sohn Spytihněv, der zwanzig Jahre regierte. Nach ihm bestieg der jüngere Vratislav den Fürstenstuhl. Auf der Prager Burg gründete er die Kirche des heiligen Georg, wo er auch 921 begraben wurde, als er bei einem seiner Feldzüge ums Leben kam. Vratislav hinterließ zwei Erben, Wenzel und Boleslav. Da sie noch minderjährig waren, übertrugen die Mächtigen die Herrschaft über das böhmische Fürstentum Vratislavs Frau Drahomíra. Die Erziehung der Jungen jedoch übertrugen sie Ludmilla, die für sie eine herrschaftliche Autorität darstellte. So blieb Ludmilla auf der Prager Burg und kümmerte sich um ihre Enkel. Sie konzentrierte sich hauptsächlich auf den älteren Wenzel, der ein begabter Schüler war. Sie führte ihn zum Glauben und zu christlichen Tugenden und achtete auf seine Bildung. St. Ludmila, Glasmalerei, Olomouc | Quelle: www.wikipedia.com Die zweifache Aufteilung von Macht und Einfluss auf der Prager Burg führte zu häufigen Streitigkeiten zwischen den beiden Fürstinnen. Legenden beschreiben diese Konflikte als religiös, zwischen der „Heidin“ Drahomíra und der Christin Ludmilla, doch handelte es sich eher um politische Auseinandersetzungen. Ludmilla gab schließlich nach und zog sich auf ihre Burg Tetín nahe Prag zurück. Das war Drahomíra jedoch nicht genug. Sie schickte ihre Waffenknechte unter Führung von Tunna und Gommon nach Tetín, deren nordische Namen darauf hindeuten, dass es sich um gedungene Mörder handelte. Am 15. September 921 wurde Tetín nach einem kurzen Scharmützel mit der Burgbesatzung erobert, und eine Stunde nach Sonnenuntergang drangen Tunna und Gommon mit gezogenen Schwertern in die Kammer der alten Fürstin ein. Ludmilla soll nur um den Tod durch das Schwert gebeten haben, nach dem Vorbild der ersten christlichen Märtyrer, doch die Mörder erfüllten ihren Wunsch nicht, sondern erdrosselten sie mit ihrem Schleier. Sie erhielt nicht einmal ein christliches Begräbnis; die überlebenden Diener vergruben ihren Körper nur hastig an der Burgmauer. Über dem Ort von Ludmillas letzter Ruhestätte begannen sich wunderbare Dinge zu ereignen: Vom Grab soll ein lieblicher Duft ausgegangen sein, und nachts leuchteten hier helle Lichter. All dies förderte die Verehrung der Fürstin, die schon zu ihren Lebzeiten von den Menschen geschätzt wurde. Drahomíra ließ daher über Ludmillas Grab eine Kirche errichten, die dem Erzengel Michael geweiht war, damit die Wunder seinem Wirken zugeschrieben würden. Die Kirche wurde später dem hl. Johannes Nepomuk geweiht und steht noch heute in Tetín. Eine Ludmilla geweihte Kirche wurde in Tetín erst in den 1680er Jahren gebaut. Im unteren Teil des Hauptaltars mit dem Bild Ludmillas, die den kleinen Wenzel unterrichtet, ist ein Stein eingelassen, auf den sie angeblich im Moment ihres Todes sank. Kirche der Heiligen Ludmilla, Tetín | Quelle: www.facebook.com | Foto: Michal Bařinka Als der junge Wenzel den Fürstenstuhl bestieg, ließ er 925 die sterblichen Überreste seiner Großmutter mit allen Ehren von Tetín auf die Prager Burg, in die St.-Georgs-Basilika, überführen. Da sich in der frühen Kirche der Heiligenkult in Abhängigkeit von der öffentlichen Verehrung verbreitete, wurde auch Ludmilla bald als Heilige angesehen. Dazu trugen auch die nachfolgenden Herrscher der Přemysliden, ihre Nachkommen, bei, die sie als heilige „Stammmutter“ des Geschlechts ehrten, und die Fürstinnen und Königinnen dieses Geschlechts baten sie in ihren Gebeten um Hilfe bei Geburten oder Kinderkrankheiten. Um 976 entstand bei der St.-Georgs-Basilika auf der Prager Burg, wo Ludmillas sterbliche Überreste aufbewahrt wurden, das erste Frauenkloster der Benediktinerinnen in Böhmen. Seine Äbtissin wurde Prinzessin Mlada, die Tochter Boleslavs I., des jüngeren von Ludmillas Enkeln. Der Überlieferung nach standen auch in Zukunft Frauen aus dem Geschlecht der Přemysliden an der Spitze des Klosters und unterstützten so die Verehrung der heiligen Ludmilla. Als offizielle Anerkennung von Ludmillas Heiligkeit gilt die Anordnung des Prager Bischofs aus dem Jahr 1142, wonach ihre sterblichen Überreste ohne päpstliche Zustimmung nicht bewegt werden dürfen, was bei Heiligen üblich war. Ludmillas Kult erreichte seinen Höhepunkt unter der Herrschaft Karls IV., unter dessen Regierung das Grab der Fürstin Ludmilla mit einem prächtigen Grabstein versehen wurde.