„Meine Prager verstehen mich“, sagte Wolfgang Amadeus Mozart nach dem außerordentlichen Erfolg der Uraufführung von Don Giovanni in Prag. Die Zeit, die er mit den Pragern verbrachte, war eine der glücklichsten in seinem kurzen Leben, nicht zuletzt, weil er in Prag enge Freunde hatte und die Menschen dort von seiner Musik begeistert waren. Noch heute gibt es in Prag viele Orte, an denen Mozarts Musik erklingt und an denen man dem musikalischen Genie für einen Moment nahe kommen kann. Die erste Einladung nach Prag erhielt Mozart in Wien, deprimiert durch den Tod seines zweiten Kindes, in einer nicht gerade rosigen finanziellen Lage und in Intrigen der Wiener Szene verwickelt. Prag hingegen empfing ihn im Januar 1787 singend, tanzend und karnevalesk. Quartier bezog Mozart mit seiner Frau Constance im Palais des Grafen Thun und verbrachte noch denselben Abend auf einem Ball, der zu seinen Ehren in Gesellschaft des Barons Bretfeld, ebenfalls ein großer Musikliebhaber, veranstaltet wurde. Auf dem Ball wurde Mozart Zeuge der großen Beliebtheit von Figaros Hochzeit und schrieb einen Brief nach Wien über sein Erlebnis: „Alle Leute springen vergnügt auf die Musik meines Figaro, denn hier wird von nichts anderem gesprochen als vom Figaro; nichts anderes gespielt, geblasen, gesungen und gepfiffen als Figaro; keine andere Oper besucht als Figaro; gewiss eine große Ehre für mich.“ Während der nächsten vier Wochen wurde er buchstäblich in das gesellschaftliche Leben und das musikalische Geschehen hineingezogen; unter anderem gelang es ihm, seine Sinfonie in D-Dur, genannt Prager Sinfonie, zu dirigieren, Sechs deutsche Tänze im Palast des Grafen Pachta zu beenden, Die Hochzeit des Figaro unter der Leitung von Jan Josef Strobach im ehemaligen Nostizschen Theater, dem heutigen Ständetheater, zu sehen und drei Tage später selbst zu dirigieren. Ein weiterer Adliger, mit dem Mozart und seine Frau in Prag verkehrten, war Graf Christian Philipp Clam-Gallas. Der musikbegeisterte Graf war selbst ein aktiver und brillanter Pianist und führte einen der prunkvollsten Musiksalons in Prag. Neben Mozart unterstützte er auch Ludwig van Beethoven während dessen Aufenthalt in Prag. Vor seiner Abreise nach Wien schloss Mozart einen Vertrag mit dem Impresario des Nostizschen Theaters, Pasquale Bondini, und dem Regisseur Domenico Guardasoni, der ihn dazu verpflichtete, eine neue Oper für die Herbstsaison zu schreiben… Mozarts zweiter Aufenthalt im Oktober und November desselben Jahres stand ganz im Zeichen der Uraufführung von Don Giovanni. Mit der noch unvollendeten Partitur ließ er sich zunächst im Haus der Drei Goldenen Löwen am Kohlenmarkt in der Nähe des Nostizschen Theaters nieder. An seinen Aufenthalt erinnern ein Porträtrelief und eine Gedenktafel aus weißem Marmor über den Fenstern im ersten Stock. Bald aber nutzte er die Gastfreundschaft seiner Freunde, der Dušeks, um in der Ruhe ihrer Villa Bertramka die Oper zu vollenden. Das Ehepaar Dušek hatte Mozart 10 Jahre zuvor bei einem Besuch in seiner Heimatstadt Salzburg kennengelernt. Der junge Amadeus schloss sich sofort der großen Schar von Bewunderern der Gesangskünste und weiblichen Reize der dreiundzwanzigjährigen Josephine an. Er komponierte für sie die dramatische Arie Ah, lo previdi (KV 272), die Dušková an der Salzburger Akademie sang und dabei von Mozart selbst am Klavier begleitet wurde. Die herzliche Freundschaft vertiefte sich während Mozarts Aufenthalten in Prag. Dieser Beziehung ist es auch zu verdanken, dass die heute berühmte Arie Bella mia fiamma, addio (Leb wohl, meine schöne Flamme) in der Bertramka entstanden ist. Es heißt, Josephine habe Mozart in der Gartenlaube eingesperrt, bis er die versprochene Arie für sie geschrieben hatte. Der Komponist willigte unter einer Bedingung ein: Josephine müsse die gesamte Partie sofort fehlerfrei singen oder er würde sie zerreißen. Was der Sängerin trotz der schwierigen Passagen offensichtlich gelang.