Die Nusle-Brücke, eine der wichtigsten Verkehrsadern Prags, verbindet Karlov mit Pankrác und verkürzt den Weg bergauf und bergab von 3 km auf lediglich 485 m in horizontaler Richtung. Die Baukonstruktion aus Stahlbeton mit vier Pfeilern spannt sich in einer durchschnittlichen Höhe von 40 m über das Nusle-Tal. Für den Autoverkehr wurde sie am 22. Februar 1973 anlässlich des „25. Jahrestages des Siegreichen Februars“ freigegeben, und fast 15 Monate später durchfuhr die U-Bahn mit den ersten Fahrgästen ihren Tunnel. Die Brücke nach einem Entwurf der Architekten Stanislav Hubička, Svatopluk Kobra und Vojtěch Michálek trug bis 1990 den Namen des ersten kommunistischen Präsidenten Klement Gottwald. Das Bauwerk zählt zu den größten Brückenbauten aus Spannbeton in der damaligen Tschechoslowakei. Stanislav Hubička — Vojtěch Michálek — Svatopluk Kobr und Kollektiv Nusle-Brücke in Prag, 1961—1973 Nuselský most, Praha 4 Während über die Gestaltung des neuen Parlaments entschieden wurde, lief im Prager Stadtteil Nusle der Abriss mehrerer Häuser, um Platz für eines der bedeutendsten Bauprojekte in der Tschechoslowakei zu schaffen. Die Idee, das Nusle-Tal zu überbrücken und das Prager Zentrum mit dem Stadtteil Pankrác zu verbinden, lag seit Anfang des Jahrhunderts auf dem Tisch, weshalb in öffentlichen Ausschreibungen in den Jahren 1927, 1931, 1939 und 1958—1960 die optimale Form und Konstruktion gefunden werden sollte. In der letzten Ausschreibung empfahl die Jury den Entwurf des Teams von Miroslav Sůra, Robert Bucháček und Jaroslav Vítek, der schließlich Grundlage für das endgültige Projekt (1962) wurde. Neben Stanislav Hubička, dem Autor des architektonischen Entwurfs, wirkten Vojtěch Michálek (Chefingenieur), Svatopluk Kobr (Verkehr) und weitere Spezialisten (Karel Chalupský, Jiří Hejnic, Karel Babka, Zdeněk Pechatý, Petr Dobrovský und Jan Křížek) an dem Projekt mit. Obwohl die Nusle-Brücke in erster Linie eine wichtige Verkehrsverbindung ist, gelang es diesem Team, ein Werk zu schaffen, das nicht nur zu den bemerkenswerten Leistungen des tschechoslowakischen Ingenieurswesens, sondern auch zu den Ikonen der Nachkriegsarchitektur zählt. Die fast einen halben Kilometer lange und 40 Meter hohe Brücke stört das kostbare Panorama Prags in keiner Weise und ihre Qualitäten wurden auch in der damaligen Literatur hoch gepriesen: „Die schlanken, würdevollen, ruhigen Pfeiler tragen das leicht erscheinende Bauwerk, als gäbe es hier keine Spannung, die Brücke überquert ganz natürlich das tiefe Tal.“ Die Autoren mussten sich mit der Forderung auseinandersetzen, im Inneren der Brücke einen Tunnel für die U-Bahn zu führen. Die spätere Entscheidung über eine tief eingeschnittene U-Bahnführung im August 1967 bedeutete unter anderem, dass die beiden Brückenköpfe einladender gestaltet werden konnten als die ursprünglich geplanten Ein- und Ausfahrrampen mit niveaufreien Übergängen. Auch diese Aufgabe fiel Stanislav Hubička zu, und während der Bereich des Stadtteils Karlov hauptsächlich durch Parkanlagen geprägt ist (1978), dominieren auf der Seite von Pankrác kaskadenartig angelegte, öffentlich zugängliche Aussichtsterrassen, die direkt an die Außenatrien der U-Bahn-Station anschließen, die in die Mündung der Brücke eingebettet sind (1966, 1970—1974). Hubička nutzte bestmöglich das Potenzial des Ortes, an dem die U-Bahn einen der höchsten Punkte Prags erreicht, und gestaltete die Station als verglaste Galerie mit Panoramablick auf das historische Zentrum. Die erhabene Atmosphäre sollte durch mehrere Kunstwerke von Miloslav Chlupáč, Eva Kmentová und Olbram Zoubek unterstrichen werden, was sich jedoch mit dem Einsetzen der Normalisierung nicht durchsetzen ließ, und von der ursprünglichen Absicht wurde lediglich eine Betonstützmauer von Stanislav Kolíbal realisiert. 7 Fotos zeigen Stanislav Hubička (1930—2018) Er absolvierte die Fakultät für Architektur und Bauingenieurwesen an der Tschechischen Technischen Universität in Prag (1952), arbeitete dann am Bezirksplanungsinstitut Prag (1954—1959), am Prager Projektierungsinstitut (1959—1966) und am Projektierungsinstitut für Verkehrs- und Ingenieurbauten (1966—1991). 1991 gründete er ein eigenes Studio Archex. Im Jahr 2011 erhielt er beim Grand Prix der Architekten den Preis für sein Lebenswerk. Dem Buch Architektur 58—89 entnommen Konzept der Publikation, Herausgeber, Autor der Diskussionen: Vladimir 518 Nusle-Brücke | Quelle: Prague City Tourism