Architektur 1958—89: das Schwimmstadion in Prag-Podolí

Teilen

Schwimmstadion in Prag-Podolí |
Quelle: BigBoss

1955 fiel die endgültige Entscheidung, auf dem Gelände der ehemaligen Zementfabrik Podolí ein Schwimmsportzentrum für den Spitzensport zu errichten, das olympischen Standards entsprechen sollte. Der Schwimmbadkomplex wurde nach einem Entwurf von Richard F. Podzemný in Zusammenarbeit mit dem Statiker Gustav Kuchař gebaut. Mit dem Bau wurde 1959 begonnen und schon ein Jahr später wurde das Stadion provisorisch für Schwimmwettkämpfe freigegeben. In der ersten Bauphase wurden zwei Außenbecken gebaut, ein 50-Meter-Becken für Schwimmer und ein 33-Meter- Becken für Wassersport. In der zweiten Phase folgte der Bau einer Halle mit einem überdachten 50-Meter-Becken. Den Bereich der Freibäder mit Tribünen auf dem Dach des Hauptgebäudes säumt eine rekreative Rasenfläche. Der gesamte Komplex wurde 1965 anlässlich internationaler Schwimmmeisterschaften offiziell eröffnet. Ursprünglich sollte er nur dem Spitzensport dienen, wurde nach der Eröffnung aber auch der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Richard F. Podzemný
Schwimmstadion in Prag-Podolí, 1958—1965

Podolská 74, Praha 4 — Podolí

Für die Bauten von Richard Podzemný ist eher eine unaufdringliche Harmonie als eine fantastische Form charakteristisch. Beim Schwimmstadion in Podolí ist die markante Form jedoch das Ergebnis der funktional besten Lösung.

Nach diversen Entwürfen, die in den 1950er Jahren für die Platzierung des Stadions auf dem Gelände des ehemaligen Kalksteinbruchs entstanden, schien das Gelände zu klein, um zwei Außenbecken (50 m und 33 m) und obendrein ein 50-Meter-Hallenbad einzurichten. Mit den gleichen Schwierigkeiten hatte Podzemný auch bei seinem ersten Projekt aus dem Jahr 1958 zu kämpfen. Aus eigener Initiative stellte er jedoch im folgenden Jahr ein neues Projekt vor, in dem er die Idee aufgriff, das Hallenbad mit einer Tribünenkonstruktion zu überdachen und so auf dem Gelände genügend Platz für das gesamte Bauprogramm zu gewinnen. Über dem Schwimmbecken wölbt sich nun eine asymmetrische Kurve, die zur einen Hälfte durch den Verlauf einer statisch günstigen Parabelform und zur anderen Hälfte durch eine geneigte Ebene der Tribüne bestimmt wird. Der dynamische Ausdruck der Konstruktion korrespondiert gut mit dem sportlichen Zweck des Bauwerks. Eine ähnliche Konstruktion hatte bereits Pier Luigi Nervi beim Stadion Flaminio in Rom (1959) verwendet, das in seinem Inneren allerdings ein um die Hälfte kleineres Becken beherbergt. Neben einem außergewöhnlichen Ingenieurbauwerk entstand in Podolí vor allem ein angenehmes Umfeld für Sportler und Erholungssuchende. Zwischen dem Hang des Steinbruchs und der wogenden Welle der Tribüne, deren nördlicher Rand geschwungen in das Gelände übergeht, ist das Areal vom Verkehr der Uferstraße abgeschirmt und zur natürlichen Landschaft hin ausgerichtet. Neben der überdachten Halle mit Tribüne, deren organische Form ebenso interessant und ungewöhnlich wirkt wie zeitgenössische ausländische Hallen mit Schalen- oder Hängedächern, lässt sich im Gelände auch eine stilistische Reminiszenz an den Funktionalismus finden  einen niedrigen Quader mit subtilen Galerien und einer Dachterrasse für die Sommerumkleideräume. Die künstlerische Gestaltung des Geländes ist jedoch am Puls der Zeit geblieben. Im Vergleich zur etwas älteren Poliklinik Pod Marjánkou artikulierten die einzelnen Teile des Stadions progressive postkubistische Werke von Miloslav Chlupáč (das Relief des Schwimmers) und Vladimír Janoušek (die Skulptur der Sonne), ein abstraktes Mosaik von Alois Fišárek und eine nicht erhaltene funktionale Betonskulptur-Rutsche von František Pacík.

Richard Ferdinand Podzemný (1907—1987)

Er absolvierte eine Tischlerlehre an der Staatlichen Berufsschule für Holzbearbeitung in Valašské Meziříčí (1925) und anschließend das Architekturstudium an der Akademie der bildenden Künste in Prag unter der Leitung von Pavel Janák (1931). In der Zwischenkriegszeit arbeitete er zunächst in Janáks Architekturbüro (1931—1935), hatte anschließend ein eigenes Büro und arbeitete ab 1939 in einem gemeinsamen Atelier mit Antonín Tenzer. Von 1950 bis 1974 war er am Prager Projektierungsinstitut und seinen Vorgängern tätig. Er war Mitglied im Verband der bildender Künstler Mánes, der Linken Front, des Verbands der Architekten der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik und der Tschechoslowakischen Republik sowie Redaktionsmitglied der Zeitschriften Stavitel (Baumeister) und Architektura ČSSR (Architektur der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik). 1962 wurde seine Arbeit mit dem Verdienstorden ausgezeichnet. Seine Arbeit basierte auf dem emotionalen Funktionalismus und sein Augenmerk galt vornehmlich der Gestaltung von Wohn- und öffentlichen Gebäuden, insbesondere Gesundheitsbauten.

Dem Buch Architektur 58—89 entnommen
Konzept der Publikation, Herausgeber, Autor der Diskussionen: Vladimir 518

 

Schwimmstadion in Prag-Podolí | Quelle: Prague City Tourism

erhalten Sie von uns regelmäßig Neuigkeiten und Tipps über das Geschehen in Prag

Die eingegebene E-Mail hat ein falsches Format.

*mit dem Absenden stimmen Sie den Datenschutzbestimmungen zu

Smazat logy Zavřít