Architektur 1958—89: das Haus der Wohnkultur

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das Haus der Wohnkultur | Quelle: Prague City Tourism

Das Haus der Wohnkultur in der Nähe der U-Bahn-Station Budějovická ist eine der beachtlichsten Leistungen der Architektin Věra Machoninová. Die großzügigen Ausstellungsflächen dieses Möbelhauses ermöglichte die Präsentation fast des gesamten Verkaufssortiments an Möbeln und Wohnaccessoires. Die ersten beiden Etagen waren der Schau von Möbeln aus dem Innovationsprogramm, dem Kundendienst und einem Schnellimbiss vorbehalten. Der Hauptverkaufsbereich begann in der 3. Etage, wo das Gebäude durch Rolltreppen in zwei um ein halbe Etage versetzte Teile geteilt wurde. Überdies wartete das Haus mit einem Restaurant, einem Café, Kinosaal und einer Abteilung für Innenarchitektur auf. Das Gebäude, dessen Innenräume vornehmlich in rotem Farbton gestaltet waren, eröffnete im Mai 1981 seine Pforten; in den 1990er Jahren hatte hier fünf Jahre lang auch die erste tschechische Filiale der schwedischen IKEA-Kette ihren Sitz.

Věra Machoninová
Haus der Wohnkultur in Prag, 1968—1981

Budějovická 1667/64, Praha 4 — Krč

Eine wichtige Rolle in der Entwicklung Prags in der zweiten Hälfte der 1960er Jahre spielte das Amt des Chefarchitekten der Stadt. Im Jahr 1961 wurde Jiří Voženílek, ein Architekt mit einem stark modernistischen Fundament, der mehrere der erwähnten Ausschreibungen initiiert hatte, in diese Funktion berufen. Zu dieser Zeit stagnierte Prag und die Notwendigkeit der Entwicklung wurde unter anderem durch die untragbare Verkehrssituation im Zentrum und das vernachlässigte Handelsnetz immer akuter. Der Plan für den Bau der U-Bahn kam erneut auf den Tisch. Voženílek wandte sich mit der Ausarbeitung von Studien für den Großteil der U-Bahnstationen mit lokalen Einkaufszentren an die Architektengruppe Hut’ um Karel Prager (als „Materialisierung des Sozialismus mit menschlichem Antlitz“), übertrug die Lösung einer von ihnen im Frühjahr 1968 allerdings direkt Věra Machoninová.

Zu dieser U-Bahn-Station kam nämlich eine weitere Aufgabe hinzu, der Bau eines spezialisierten Kaufhauses. Das Möbelunternehmen Nábytek vereinte die verstaatlichte Möbelindustrie, und seine verstreuten Geschäfte reichten bei weitem nicht aus, um die Nachfrage der hungrigen Kunden aus den Neubausiedlungen zu decken. Das geplante Haus sollte daher mit einer Ausstellungsfläche und dem notwendigen Service in modernem Geist ausgestattet sein. Věra Machoninová schlug enthusiastisch eine großzügige städtebauliche Form für das gesamte lokale Zentrum vor — sie konzipierte den künftigen Budějovice-Platz als mehrstufiges System von Terrassen, die um zwei senkrecht zueinander stehende Achsen angelegt sind. Die Hauptachse bildete die U-Bahn-Linie, auf deren versenktem Tubus eine offene Fußgängerpassage mit Geschäften und Vestibülen entstand. Die Terrassen gingen frei in die einzelnen Gebäude über und das Prinzip der Schichtung prägte visuell den Großteil von ihnen. In Straßenniveau wurde die Gestaltung des Platzes durch ein Verwaltungsgebäude mit einem auskragenden Panoramakinosaal und einem Hotelhochhaus gekrönt. Das Haus der Wohnkultur (DBK), das am Ende der Hauptachse liegt, wurde von der Architektin mit Blick auf seine skulpturale Wirkung im Rahmen der künftigen Bebauung gestaltet, aber in die Gestaltung des Äußeren floss wieder merklich der Innenraum ein. Die maximale Öffnung und Verbindung der einzelnen Ebenen (in der Konzeptphase sogar durch direkte Rampen) führten zur Aufspaltung der Kubatur in zwei um eine halbe Etage versetzte Teile, zwischen die sie ein großzügiges, achtzehn Meter hohes Atrium einfügte. Die dunkle Außenhaut aus vorgerostetem Atmofix-Blech schwebte optisch nur auf einem Band rahmenloser Verglasung der Etage in Straßenniveau, über dem die obere Kubatur mehrere Meter hinausragte. Die hochkomplexe Innenraumgestaltung mit zentraler Halle verstärkte das kompromisslose Farbkonzept. Die eindrucksvoll angeordnete rote Skulptur der Rolltreppen schloss an die mächtig gewellte Decke an, die rote Farbe beherrschte den gesamten Innenraum und drang in Details auch in den Außenbereich vor.

In der Arbeit von Věra Machoninová hat das Haus der Wohnkultur, das sie außerhalb der üblichen Ausschreibung entwarf, eine besondere Bedeutung. Sie selbst hat es immer als ihr Lieblingsgebäude bezeichnet, in dem sich alle Maßstäbe vermischen, in denen ein Architekt arbeiten kann — vom Städtebau über eine anspruchsvolle Konstruktion in Verbindung mit der U-Bahn bis hin zum Stuhl. Überdies in Zusammenarbeit mit einem großzügigen Investor.

Věra Machoninová (geboren 1928)

Sie studierte an der Akademie für Architektur und Bauingenieurwesen der Tschechischen Technischen Universität in Prag (1952). 1952—1956 arbeitete sie bei Stavoprojekt Prag, das in das Bezirksplanungsinstitut Prag umgewandelt wurde (1956—1966), in der Vereinigung der Projektateliers — Atelier Alfa in Prag (1967—1971), im Institut für Bauplanung der Hauptstadt Prag (1971—1990), und gründete 1991 das Atelier Alfa. Sie erhielt den Grant Prix der Architektengemeinde für ihr Lebenswerk (2006), die Ehrung der Tschechischen Architektenkammer (2014) und den Preis des Kulturministeriums für ihren Beitrag zur Architektur (2017).

Dem Buch Architektur 58—89 entnommen
Konzept der Publikation, Herausgeber, Autor der Diskussionen: Vladimir 518

 

 

das Haus der Wohnkultur | Quelle: Prague City Tourism

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